Mädchen fordern ihr Recht auf Sicherheit, Würde und Selbstbestimmung ein

Entschlossen steht das Mädchen da, die Hände in die Hüfte gestemmt. Sie weigert sich, von ihren Eltern zur Genitalverstümmelung geschickt zu werden. Ihre Eltern, überrascht von so viel Beharrlichkeit, geben schließlich nach und bewahren sie vor dieser gefährlichen Tradition.

Eine Szene, wie sie in Rollenspielen von Child Rights Clubs in Right To Play Programmen und in tausenden Haushalten auf der ganzen Welt passiert. Mädchen treten selbstbestimmt für ihre Rechte ein und weigern sich schmerzhafte traditionelle Praktiken wie die weibliche Genitalverstümmelung, Kinderheirat und minderjährige Schwangerschaften missbraucht zu werden.

Die ökonomischen und psychologischen Herausforderungen der Corona-Pandemie sorgen dafür, dass viele Eltern zu diesen traditionellen Praktiken zurückkehren. Eltern sehnen sich nach der damit assoziierten Sicherheit und Stabilität, die gerade in den aktuellen Zeiten der Unsicherheit an zunehmender Bedeutung gewinnen. Insbesondere Mädchen in afrikanischen Ländern südlich der Sahara wie Mali und Tansania sind davon betroffen.

Die Folgen sind drastisch, die aktuellen Herausforderungen vielfältig:

Schulschließungen

Eltern warten oft, bis die Mädchen mit der Schule fertig sind, bevor sie für sie Ehen arrangieren oder sie zur Beschneidung schicken. Denn Schulen sind lebenswichtige Gemeinschaftszentren, die versuchen solche illegalen Praktiken einzudämmen. Wegen der Schulschließungen durch die Corona-Pandemie, sind die Mädchen jetzt isolierter und angreifbarer. Sie sind abgeschnitten von Vertrauenspersonen und Schutzmaßnahmen.Eltern warten oft, bis die Mädchen mit der Schule fertig sind, bevor sie für sie Ehen arrangieren oder sie zur Beschneidung schicken. Denn Schulen sind lebenswichtige Gemeinschaftszentren, die versuchen solche illegalen Praktiken einzudämmen. Wegen der Schulschließungen durch die Corona-Pandemie, sind die Mädchen jetzt isolierter und angreifbarer. Sie sind abgeschnitten von Vertrauenspersonen und Schutzmaßnahmen.

Ökonomische Ängste

Durch den wirtschaftlichen Einbruch als Folge der Pandemie, denken viele Eltern, dass sie ihren Töchtern mit einer arrangierten Ehe helfen. Auch wenn diese noch minderjährig sind. Der Brautpreis, den der Ehemann bezahlt, hilft den Eltern dabei, Lohnausfälle für die Familie des Mädchens auszugleichen. Gleichzeitig liegen die Kosten für ihre Versorgung, dann in der Verantwortung des Ehemanns.

Meistens leben sie an Orten, wo nur wenige Frauen einen richtigen Job haben.

Der Gedanke, dass sich ein Mädchen durch eine gute Ausbildung und verschiedene Berufsmöglichkeiten selbst versorgen kann, ist für Viele fremd und weckt Misstrauen.

Sozialer Druck und Irrglauben

In vielen Gemeinschaften, herrscht der Irrglaube, dass aufgrund der langen Tradition, weibliche Genitalverstümmelung notwendig und angemessen sei. Mädchen, die nicht beschnitten sind, werden als etwas Minderwertiges angesehen und oft von ihren Mitmenschen beleidigt und gemobbt. Eltern müssen sich den kritischen Fragen ihrer Nachbarn stellen, warum sie mit der Tradition brechen.

Hilfszentren, wo normalerweise Mitarbeiter dabei unterstützen diese traditionellen Sichtweisen einzudämmen und stattdessen richtige Informationen zu Kinderrechten weitergeben, sind derzeit geschlossen. Die Eltern und ihre Mädchen sind also allein mit dem sozialen Druck.

Diese Herausforderungen kommen alle zusammen und sorgen für einen starken Anstieg von Kinderehen, schwangeren Minderjährigen und weiblicher Genitalverstümmelung. Mädchen, die diesen Missbrauch erleben, neigen eher dazu die Schule abzubrechen, ihr ganzes Leben lang weniger zu verdienen und gesundheitliche Probleme zu haben. Dazu gehört die höhere Wahrscheinlichkeit einer gefährlichen Schwangerschaft. Außerdem besteht für sie ein höheres Risiko Opfer häuslicher Gewalt zu werden.

Wir können diesen Anstieg aufhalten, indem wir Mädchen gerade jetzt helfen, wo das Risiko am Höchsten ist.

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Sicherstellen, dass Mädchen in Mali weiterlernen

In Mali nutzen wir Radiosender, öffentliche Ankündigungen und andere Methoden der Fernkommunikation, damit Mädchen trotzdem weiterlernen können und wir lebenswichtige Informationen zum Kinder- und Jugendschutz mit ihnen teilen können. Seit 2016 gibt es im südlichen Mali unser „Jam Suka“ Programm, das von der kanadischen Regierung unterstützt wird. Es hat bereits zehntausenden Kindern dabei geholfen, vor Missbrauch und Ausbeutung bewahrt zu werden.

Als die Corona-Pandemie Mali traf, hat „Jam Suka“ umgeschwenkt - auf die Unterstützung durch Fernunterricht.

Der Fernunterricht knüpft an die jahrelange Erfahrung von Right To Play an und verbindet Geschlechtergerechtigkeit und den Schutz von Kindern in Mali.

Die Mädchen sichtbar zu machen und dafür zu sorgen, dass sie zu Hause weiter lernen, verhindert lange Unterbrechungen, die den Eltern eine Rechtfertigung für eine arrangierte Ehe oder eine Genitalverstümmelung geben könnten.

Fernunterricht bietet außerdem die Möglichkeit, wichtige Informationen über die Gefahren von arrangierten Kinderehen und Genitalverstümmelungen zu verbreiten. Mädchen werden so ermutigt, ihre Eltern und Nachbarn zu konfrontieren und traditionellem Irrglauben mit Argumenten und Wissen über die eigenen Rechte entgegenzutreten.

Seit der Corona-Lockdown im März begonnen hat, haben diese lebenswichtigen Unterrichtsstunden 192.500 Kinder aller Altersgruppen in Mali erreicht. Möglich gemacht hat dies eine Kombination aus Radiosendungen, öffentlichen Kundgebungen und Lernpaketen für zu Hause.

20.000 Kinder der ersten bis zur vierten Klasse bekommen wöchentlich Unterrichtsstunden über lokale Radiosender. Darin geht es unter anderem um den Schutz von Kindern und Geschlechtergerechtigkeit.

Aissa ist eine ehemalige Programmteilnehmerin aus Mali. Heute ist sie Assistant Coordinator bei der UNO-Flüchtlingshilfe, hat schon vor der UN gesprochen und setzt sich selbst aktiv für junge Mädchen beim Thema Geschlechtergerechtigkeit ein. Lesen Sie ihre Geschichte. .

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Mit Storytelling Herzen in Tansania bewegen

In Tansania hat Right To Play eine Radio-Serie veröffentlicht, die von Mädchen aus unserem Programm geschrieben wurden. Indem sie starke Geschichten erzählen, thematisieren sie den sozialen Druck, der auf Mädchen ausgeübt wird und ihre Zukunft einschränkt.

Mehr als 4,9 Millionen Menschen aus Tansania hören die einzelnen Episoden, die zweimal pro Woche auf Suaheli auf lokalen Radiostationen gesendet werden.

Die Dramen nutzen fiktive Geschichten, um die Risiken von Kinderehen, Schwangerschaften bei Minderjährigen und weiblicher Genitalverstümmelung darzustellen und zu erklären. Die Geschichten sorgen dafür, dass in vielen Familien im Norden Tansanias Diskussionen über Geschlechtergerechtigkeit entfacht werden. Zuhörer rufen sogar bei den Radiosendern an, um Fragen zu Seriencharakteren zu stellen und Ideen für zukünftige Episoden einzubringen. Diese werden dann teilweise von den Autoren umgesetzt.

Während mit den Dramen vor allem Mädchen erreicht werden sollen, die isoliert sind und Unterstützung brauchen, sind rund die Hälfte der Zuhörer (2,15 Millionen Menschen) Erwachsene und andere Familienmitglieder, die dabei helfen können für die Rechte der Mädchen einzustehen. Um die weitere Verbreitung zu unterstützen, werden die Dramen darum auch über öffentliche Rundfunkstationen auf Märkten verbreitet, damit sie auch Familienmitglieder erreichen, die beim Arbeiten sind oder Haushaltserledigungen machen.

Ankündigungen über diese Systeme gelten in der Bevölkerung als eine vertrauenswürdige Quelle für aktuelle Meldungen und Informationen. Berichte über Geschlechtergerechtigkeit also auf diesem Wege zu verbreiten, hilft dabei dass die Botschaften, die die Serien vermitteln, auch wirklich bei den Eltern ankommen. Über 100.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben auf diese Weise bereits Informationen zu Geschlechtergerechtigkeit erhalten.

Unsere Arbeit in Tansania baut auf jahrelanger lokaler Zusammenarbeit auf. Und auf dem unermüdlichen Einsatz gegen weibliche Genitalverstümmelung und anderer Art von Missbrauch an Mädchen. Vor der Corona-Pandemie ist die Zahl der weiblichen Genitalverstümmelungen, in den Gegenden in denen wir arbeiten, um ein Drittel gesunken.

Die Pandemie gefährdet diesen Fortschritt nun aber und der Anstieg von Beschneidungen, Kinderehen und Schwangerschaften bei Minderjährigen verdeutlicht, dass wir jetzt handeln müssen!

Lesen Sie hier mehr über Rhobi, einem tansanischen Mädchen, das sich für Genitalverstümmelungen stark gemacht hat, um sich selbst und ihre Schwester davor zu bewahren