Dzidzornu, 17, steht vor einer Gruppe von Grundschüler:innen in orangefarbenen und braunen Uniformen. Ihre kräftige Stimme durchdringt den Tumult und sie hat die volle Aufmerksamkeit der Schüler:innen, als sie anfängt zu klatschen und von einem Bein aufs andere zu treten. Die Schüler:innen passen sich ihrem Rhythmus an und ahmen ihre Bewegungen nach. Als sie zu singen beginnt, wiederholen sie ihre Worte: „Wir sind hier, um zu spielen... wir sind hier, um zu spielen...“

Noch vor ein paar Jahren wäre Dzidzornu bei dem Gedanken, vor einer Gruppe Gleichaltriger zu stehen, zusammengezuckt. Durch ihre Schüchternheit und ihr geringes Selbstwertgefühl tat sie sich schwer, Freundschaften zu schließen, sich im Unterricht einzubringen oder auch nur auf Fragen ihrer Lehrer:innen oder Eltern zu antworten. Doch durch die Teilnahme an einem von Right To Play organisierten Jugendleiter:innen-Club ist Dzidzornu aus ihrem Schneckenhaus herausgekommen, hat ihr Selbstvertrauen zurückgewonnen und ist zu einer einflussreichen Anführerin unter Gleichaltrigen geworden.

Die Angst überwinden

Dzidzornu lebt mit ihren Eltern und drei Geschwistern in Oshiyie, einer kleinen Bauerngemeinde in der Nähe von Accra, Ghana. Von klein auf war sie schüchtern.

„Im Klassenzimmer hatte ich immer Angst. Besonders wenn die Lehrer:innen Schüler.innen zufällig drannahmen. Wenn sie mich aufforderten zu antworten, konnte ich mein Herz in der Brust klopfen hören“, erinnert sie sich.

Ihre Angst wirkte sich auf ihre schulischen Leistungen aus. Sie blieb immer auf den hinteren Plätzen sitzen und hatte Schwierigkeiten, Beziehungen zu ihren Mitschüler:innen aufzubauen.

„Ich war nicht in der Lage, auf meine Klassenkamerad:innen zuzugehen und mit ihnen zu sprechen. Ich hatte immer Angst, dass sie schlecht über mich reden.“

„Ich wollte mich mit Klassenkammerad:innen anfreunden, aber ich wusste nicht wie.“ – Dzidzornu, 17

Dzidzornus Mutter war so besorgt, dass sie die Lehrer:innen ihrer Tochter um zusätzliche Unterstützung bat. Sie empfahlen Dzidzornu die Teilnahme an einem Jugendleiter:innen-Camp, das von Right To Play unterstützt wird. Dort kamen Kinder aus benachbarten Schulen zusammen, um Spaß zu haben und Life Skills sowie Führungskompetenzen zu erwerben.

Dies war ein Wendepunkt für Dzidzornu. Im Laufe mehrerer Tage nahmen sie und ihre Mitschüler:innen an Gruppensitzungen teil. Sie konnten ihr Selbstvertrauen und ihre Führungsqualitäten stärken, übten das Sprechen vor Publikum, Teamarbeit und gemeinsam Probleme zu lösen.

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Dzidzornu leitet eine Gruppe jüngerer Schüler:innen während einer Unterrichtspause zum Spielen an.

Die Führung übernehmen

Nach dem Abschluss des Camps wurde Dzidzornu eingeladen, dem Jugendleiter:innen-Club ihrer Schule beizutreten. Jede Woche traf sie sich mit ihren Freund:innen, um die erlernten Fähigkeiten zu üben, Herausforderungen zu besprechen und mehr über Kinderschutz und Gleichberechtigung zu erfahren. Sie organisierte und leitete auch Sensibilisierungsaktivitäten in der Gemeinde, um das Gelernte mit ihrer Familie und ihren Freund:innen zu teilen. Dzidzornus übernahm mehr Verantwortung und ihr Selbstvertrauen stieg.

Mit dieser neuen Einstellung und der Unterstützung ihres wachsenden Freundeskreises kandidierte Dzidzornu bei den Schulwahlen für das begehrte Amt des Schulsprechers beziehungsweise der Schulsprecherin. Als Schulsprecher:in wird man von der Schülerschaft gewählt und hat die Aufgabe, andere Schüler:innen zu beaufsichtigen und ein positives Vorbild für Mitschüler:innen zu sein. Als die Wahllokale am Wahltag schlossen, war Dzidzornu die klare Siegerin. Sie war überglücklich.

„Ich habe im Camp so viel gelernt: wie man ein Gespräch beginnt, wie man selbstbewusst bleibt und wie man Teil eines Teams ist.“ - Dzidzornu, 17

„Es war kein einfacher Weg“, sagt Dzidzornu. „Ich hatte nicht geglaubt, dass ich gewinnen würde. Wenn ich zurückblicke, stelle ich fest, dass sich die Dinge zum Besseren gewendet haben. Jetzt kann ich vor der Klasse sprechen, mit Freund:innen und Lehrer:innen. Ich kann mich vor die ganze Schule stellen und reden, motivieren und unterrichten. Zu wissen, dass meine Mitschüler:innen und die Kinder in meiner Schule mich wählen, ist ein Zeichen für die Veränderungen, die sie in mir gesehen haben. Das wäre früher nicht möglich gewesen, aber heute ist es so.“

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Dzidzornu hilft bei der Leitung einer Diskussion während einer Unterrichtsstunde im Klassenzimmer.

Unterstützung für ihre Mitschüler:innen

Dzidzornu nimmt weiterhin als Schülersprecherin am Jugendleiter:innen-Club teil. Sie hat sich zu einer der leistungsstärksten Schülerinnen der Schule entwickelt und nutzt ihre Freizeit, um ihre Mitschüler:innen innerhalb und außerhalb des Unterreichts zu motivieren und zu unterstützen. Sie hofft, dass sie einen Schulabschluss machen kann. Denn sie möchte Krankenschwester werden und die Gesundheit der Menschen in ihrer Gemeinde fördern.

Gifty, eine von Dzidzornus Lehrerinnen, beschreibt den Wandel, den sie miterlebt hat: „Right To Play hat so viel für Dzidzornu bewirkt. Ihr Selbstwertgefühl wurde gestärkt und sie ist jetzt sehr aktiv. Die Schüchternheit ist verschwunden. Selbst wenn die Lehrer:innen Besprechungen haben, hat dieses Kind die ganze Schule im Griff, vor allem die Oberstufe, da sie in der sechsten Klasse ist.“


Der Jugendleiter:innen-Club, den Dzidzornu und ihre Freunde besuchen, ist Teil des GREAT-Programms (Gender Responsive Education and Transformation), das dank der finanziellen Unterstützung der kanadischen Regierung durch Global Affairs Canada ermöglicht wird. Das GREAT-Programm, das seit 2018 in Ghana, Mosambik und Ruanda aktiv ist, nutzt den spielerischen Lernansatz von Right To Play, um Bildungsbarrieren, insbesondere für Mädchen, zu beseitigen und die Kapazitäten der Lehrkräfte zu stärken, um die Lernergebnisse zu verbessern.